EuGH bestätigt Verbandsklagebefugnis bei Datenschutzverstößen
Mit seinem Urteil vom 28.04.2022 (Aktenzeichen C-319/20) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) VerbraucherschützerInnen den Rücken gestärkt. Die europäischen RichterInnen haben entschieden, dass Verbandsklagen zum Schutz personenbezogener Daten möglich sind.
Zwischensieg in jahrelangem Rechtsstreit
Das aktuelle EuGH-Urteil ist ein wichtiger Meilenstein für den Verbraucherzentrale-Bundesverband (vzbv). Er hat bereits im Jahr 2012 kritisiert, dass Meta (damals noch Facebook Ireland) den Schutz personenbezogener Daten missachtete. Die Kritik richtete sich gegen Facebooks Angebot an kostenlosen Spielen in einem sogenannten App-Zentrum. In der Version aus dem Jahr 2012 stimmten NutzerInnen mit einem Klick auf den Button „Sofort spielen“ automatisch der Übermittlung personenbezogener Daten an Dritte zu. Der vzbv strengte dagegen eine Unterlassungsklage nach § 8 Abs. 1 UWG an und obsiegte sowohl in erster als auch in zweiter Instanz. Kurz darauf trat jedoch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Kraft. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte daher Zweifel an der Zulässigkeit der Klage und legte im Jahr 2020 den Fall dem EuGH vor.
Vorabentscheidungsersuchen des BGH
Der EuGH hatte die Frage zu klären, ob Verbraucherschutzverbände durch Inkrafttreten der DSGVO ihre Klagebefugnis aus dem UWG verloren haben. Der BGH sah ein Problem darin, dass seiner Auffassung nach Art. 80 DSGVO der Verbandsklagebefugnis bei Datenschutz-Unterlassungsklagen nach dem UWG entgegensteht. Er störte sich einerseits daran, dass die Klagebefugnis nach dem UWG ein eigenes Recht der Verbände ist, während die Verbände nach der DSGVO nur im Auftrag und im Namen der Betroffenen tätig werden dürften. Andererseits setze die DSGVO als Voraussetzung für die Verbandsklagebefugnis eine tatsächliche Verletzung von Rechten Betroffener voraus und erlaube nicht wie das UWG eine objektiv-rechtliche Durchsetzung des Datenschutzes. Des Weiteren ging der BGH davon aus, dass durch die DSGVO die Befugnisse der Aufsichtsbehörden vereinheitlicht wurden und deshalb die Überwachung des Datenschutzrechtes nun vor allem diesen obliege.
Entscheidung des EuGH
In seinem Urteil hat der EuGH zunächst klargestellt, dass mit Unterlassungsklagen nach dem UWG auch Datenschutzverstöße geahndet werden können. Die Verbände dürften dabei auch ohne einen entsprechenden Auftrag der Betroffenen tätig werden. Art. 80 Abs. 2 DSGVO sei außerdem nicht so zu verstehen, dass die konkrete, von einem Datenschutzverstoß betroffene Person vor Klageerhebung ermittelt werden müsste. Es reiche aus, wenn diese identifizierbar sei. Des Weiteren legt der EuGH den Art. 80 Abs. 2 DSGVO so aus, dass eine konkrete Verletzung entgegen der Ansicht des BGH nicht erforderlich ist. Er begründet diese Auslegung damit, dass nur so das mit der DSGVO angestrebte Ziel eines hohen Datenschutzniveaus erreicht werden könne.
Fazit: Der EuGH hat somit bestätigt, dass Verbände mit Unterlassungsklagen nach § 8 Abs. 1 UWG gegen Datenschutzverstöße vorgehen können.
Thomas Haschert Mag. iur., Geschäftsführer